Schwangerschaftserbrechen (Hyperemesis gravidarum)
In der Schwangerschaft wendet man Akupunktur nur unter Beachtung wichtiger Grundsätze an, da die übermäßige Reizung bestimmter Akupunkturpunkte Wehen auslösen kann. In der Schwangerschaft werden die Nadeln nur mild stimuliert. Nach Vorstellung der chinesischen Medizin liegt bei der Hyperemesis eine Stagnation sowie eine Schwächestörung der Magenenergie vor. Dabei kehrt sich die normale Flußrichtung der Lebensenergie im Magen um, und es kommt zu einem „Aufsteigenden Magen Qi“. Der wichtigste Punkt ist Pe. 6 Neiguan an der Innenseite des Unterarms. Neben der Akupunktur ist auch die Akupressur wirksam.
Geburtsvorbereitung
Zur Geburtsvorbereitung werden 4–8 Sitzungen ein- bis zweimal wöchentlich in den letzten vier Schwangerschaftswochen durchgeführt. Bei Verwendung der Punkte Ma. 36, MP. 6, Gb. 34, Bl. 67 ist eine signifikant verkürzte Geburtsdauer und eine deutlich bessere Muttermundreifung in einer kontrollierten Untersuchung von Römer von der Frauenklinik Mannheim nachgewiesen. Die günstigere Muttermundreifung war häufig von einer nachweisbaren Trichterbildung im Sinne eines beschleunigten Reifungsprozesses begleitet sowie einer verbesserten Wehenkoordination, die letztendlich zur Verkürzung der Eröffnungsphase um 20% bei Erstgebärenden führte. Behandlungsbeginn war in der 36. Schwangerschaftswoche. Zusätzlich zu den oben genannten „morphologisch“ wirksamen Punkten können psychisch harmonisierende Punkte wie Du 20 Baihui, Ex. 6 Sishencong und He. 7 nützlich sein.
Geburtserleichterung mit Akupunktur
Mit Hilfe der Akupunktur lassen sich die Schmerzen während der Geburt erheblich verringern. Auch eine deutliche Verkürzung der Entbindungszeit ist oft zu verzeichnen. Bei Wehenschwäche kommt es zur Anregung der Wehentätigkeit. Auch der Dammschnitt und die spätere Dammnaht können unter der Akupunkturanalgesie erfolgen. Neben der schmerzlindernden Wirkung kommt es durch die psychisch entspannende Wirkung der Akupunktur zu einer besseren Mitarbeit der Mutter.
Zur Akupunktur während der Geburt werden Nahpunkte im Bereich des Unterbauches oder des Rückens mit wichtigen Fernpunkten kombiniert. Die Nadeln an den Fernpunkten der Innenseite des Beines werden einseitig gesetzt, um den Geburtshelfer nicht zu behindern. Der Punkt Di. 4 Hegu an der Hand wird wiederholt stimuliert. Bei starken Schmerzen in der Kreuzgegend wendet man Elektrostimulation auch an diesen Punkten und den Fernpunkten am Bein an. Die Elektrostimulation verstärkt die schmerzlindernde Wirkung der Akupunktur. Beim Setzen der Nadeln zur Geburtserleichterung ist besonders darauf zu achten, daß die Nadeln schmerzfrei liegen und auch bei Bewegung der Arme und Beine nicht schmerzhaft werden.
In den zurückliegenden Jahren haben mehrere hundert Hebammen und Gynäkologen diese Methode der Geburtserleichterung mit Akupunktur erlernt und wenden sie seither erfolgreich an. Nach Angaben der Zeitschrift „Eltern“ setzen bereits die Hälfte der Entbindungsstationen in der Bundesrepublik Akupunktur zur Geburtserleichterung ein.
Milchflußschwäche (Laktationsschwäche)
Nach den Vorstellungen der chinesischen Medizin liegt hier eine Schwäche oder Blockade von Qi und Blut vor. Auch eine Schwäche und Stagnation der Leberenergie ist häufig diagnostizierbar, meist bei psychischer Labilität oder Depression. Mit Hilfe der Akupunktur gelingt es nach ein bis zwei Sitzungen, den Milchfluß auszulösen bzw. deutlich anzuregen.
Aus:
Stux G (1996): Akupunktur: Grundlagen – Techniken – Anwendungsgebiete, Kapitel VI; Beck’sche Reihe Wissen, Verlag C.H. Beck München