Hier werden die wichtigsten Krankheitsbilder vorgestellt, bei denen Akupunktur in westlichen Ländern angewandt wird und gute Wirkung zeigt. In jedem Abschnitt werden zuerst die Symptome der jeweiligen Erkrankung sowie ihre Therapie und Prognose mit den Begriffen der westlichen Medizin beschrieben. Dann folgt die Darstellung der Erkrankung – Ursache, Charakter, Therapieprinzip – aus der Sicht der chinesischen Heilkunde.

Schmerzerkrankungen

Bei vielen schmerzhaften Erkrankungen und Gesundheitsstörungen, die sich mit den Mitteln der westlichen Medizin nur unzureichend behandeln lassen, zeigt die Akupunktur eine hervorragende Wirkung, so gerade auch bei Migräne und chronischen Kopfschmerzen. Ungefähr 30% der Patienten, die sich im Westen mit Akupunktur behandeln lassen, leiden an Migräne und Kopfschmerzen, weitere 30-40% an Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke. Schmerzhafte Erkrankungen stehen also beim therapeutischen Einsatz der Akupunktur im Vordergrund.

Migräne und chronische Kopfschmerzen

Migräne ist eine häufige, weit verbreitete Erkrankung, gekennzeichnet durch heftigen einseitigen Kopfschmerz, begleitet von Übelkeit, Brechreiz und Lichtempfindlichkeit. Als Ursachen werden von der westlichen Medizin Erbfaktoren, Stoffwechselstörungen im Gehirn und psychische Spannungen aufgeführt. Wetterfaktoren und Menstruation können eine Migräne auslösen oder verstärken. Zunächst tritt eine Verengung, dann eine Erweiterung der Hirngefäße auf; es handelt sich also um eine Durchblutungsstörung des Gehirns.

Die Therapie der westlichen Medizin beschränkt sich meist auf Medikamentengabe beim Migräneanfall. Durch die Tabletteneinnahme werden jedoch lediglich die einmaligen Schmerzen behoben, beim nächsten Kopfschmerzanfall ist daher eine erneute Tabletteneinnahme notwendig. Prophylaktische Medikamentengabe, z.B. Betablocker, die seit einigen Jahren zunehmend verordnet wird, zeigt keine überzeugende Wirksamkeit. Die Medikamente zur Migränetherapie sind zudem mit vielen Nebenwirkungen behaftet. Bei vielen Migränemitteln verstärkt die Einnahme die Kopfschmerzen oder löst sogar Anfälle aus, verschlimmert also die Erkrankung.

Wegen ihrer guten Wirksamkeit bei Migräne und dem Fehlen von Nebenwirkungen hat sich die Akupunkturtherapie in der ärztlichen Praxis bewährt und wird von kundigen Patienten gerne angenommen. Gerade bei chronischen Kopfschmerzen und Migräne gelingt es mit Hilfe der Akupunktur, den chronisch wiederkehrenden Charakter der Erkrankung zu durchbrechen und jahrelange Schmerzfreiheit zu erzielen. Die hervorragende Wirksamkeit der Akupunktur ist in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen an Migränepatienten belegt. Nach durchschnittlich ca. 15 Behandlungssitzungen sind 50-60% der Patienten beschwerdefrei, 15-30% zeigen eine deutliche Abnahme der Kopfschmerzen. Bei 10-20% der Patienten ist keine Besserung zu erzielen.

Akupunktursitzungen werden bei Migräne und chronischen Kopfschmerzen zweimal wöchentlich durchgeführt. Eine Behandlungsserie dauert 5-6 Wochen und beinhaltet 10-12 Akupunktursitzungen. Nach einer Behandlungspause von 2-3 Wochen folgt in der Regel eine zweite Behandlungsserie. Bei ca. 25% der Patienten, die schwere Migräne haben, ist eine weitere Behandlungsserie erforderlich, um eine Besserung zu erzielen. 3-4 Monate nach Abschluß einer Behandlung sollte eine Auffrischung mit 2-3 Akupunktursitzungen erfolgen, um die Langzeitwirkung zu sichern.

Aus: Stux, G,(1996)
Akupunktur: Grundlagen – Techniken – Anwendungsgebiete Kapitel VI Beck’sche Reihe Wissen, Verlag C. H. Beck München