Trigeminusneuralgie
von Gabriel Stux
Die Trigeminusneuralgie zählt zu den schmerzhaftesten Erkrankungen überhaupt. Der Trigeminusnerv hat drei Äste; der erste versorgt die Stirn, der zweite den Oberkieferbereich, der dritte den Unterkiefer. Die Schmerzen treten bei Trigeminusneuralgien meist anfallartig sowie einseitig in einem Bereich des Nervs auf und sind in ihrer Intensität häufig unerträglich. Oft finden sich kleine Hautgebiete, sog. Triggerpunkte, die überempfindlich sind und bei Berührung oder sonstiger Reizung, z.B. durch Nahrungskontakt, Trigeminusanfälle auslösen können. Die medikamentöse Therapie ist häufig unbefriedigend. So leiden viele Patienten für Jahre an unerträglichen Schmerzen, und das ganz unnötigerweise, da in den meisten Fällen eine Heilung mit Hilfe der Akupunktur innerhalb von Wochen erfolgen könnte. Nach chinesischer Vorstellung beruhen Trigeminusneuralgien auf einer durch Wind, Kälte oder – seltener – Hitze hervorgerufenen Blockade der Lebensenergie Qi in den Meridianen des Kopfes bei gleichzeitig tiefgreifenden inneren Störungen der Leber- oder Magenenergie. Diese Organe können entweder im Füllezustand sein, mit Hitzesymptomen und akuten brennenden Schmerzen, oder es liegt eine Schwäche mit dumpfen, bohrenden Schmerzen vor. Wenn die Schmerzen anfallartig, periodisch oder wandernd auftreten, spricht man von Windstörungen. Hitze bzw. Wind dient hier der Beschreibung der Schmerzqualitäten.
Bei der Behandlung der Trigeminusneuralgie nadelt man zunächst im Gesicht jedoch nicht auf der schmerzhaften Seite – eine Anzahl von Punkten (10-12), die immer wieder durch Drehen stimuliert werden. Die schmerzlindernden Fernpunkte an den Händen und Füßen, z.B. Di. 4 Hegu, werden meist durch kräftiges Drehen stimuliert. In schweren Fällen wird am Anfang täglich behandelt, die Nadeln werden 30-60 Minuten belassen. Bei starken anfallartigen Schmerzen darf nur die nicht schmerzhafte Gesichtshälfte genadelt werden, da sonst die Schmerzen zunehmen können. Keinesfalls dürfen die druckschmerzhaften Triggerpunkte genadelt oder mit Moxa angewärmt werden. Erst nach Abklingen der starken Schmerzen, meist nach 6-8 Sitzungen, wird auf die kranke Seite übergegangen, zunächst mit wenigen Nadeln. Auch die Reizstärke bei der Nadelstimulation im Gesicht ist zunächst mild. In der Mehrzahl der Fälle findet eine erste Schmerzlinderung nach 3-6 Sitzungen statt. Eine bis dahin verabreichte medikamentöse Therapie kann von diesem Zeitpunkt an langsam reduziert werden. Um jedoch zu einer vollständigen Schmerzfreiheit zu kommen, muß man in der Regel 10-20mal weiterbehandeln. Nach einem Therapiezyklus sind die Patienten meist für einige Monate oder sogar Jahre schmerzfrei. Beim Wiederauftreten der Trigeminusschmerzen wird eine neue Behandlungsserie durchgeführt, die dann häufig schon nach wenigen Sitzungen Linderung zeigt. Rezidive, d.h. Rückfälle, sind bei Trigeminusneuralgie häufiger als bei Migräne.
Zosterneuralgie, Interkostalneuralgie
von Gabriel Stux
Herpes Zoster ist eine Virusinfektion, bei der die Viren einzelne Nervenäste, z.B. die des Gesichts (Trigeminus) oder der Zwischenrippnerven (Interkostalnerven), befallen. Dadurch kommt es zunächst zu Hautrötungen mit Bläschenbildung und starken Schmerzen. Der Befall der Nervenäste ist wie bei der Trigeminusneuralgie immer einseitig und auf einzelne Nervenäste beschränkt. Nach einiger Zeit, im Verlauf einer Narbenbildung, entwickelt sich häufig eine Neuralgie mit stärksten Schmerzen, die für Monate anhalten kann.
Interkostalneuralgien sind Nervenschmerzen der Zwischenrippnerven und haben keine Infektion als Ursache.
Bei chronischen und schweren Neuralgieformen lassen sich bei intensiver Akupunkturbehandlung gute Erfolge erzielen. Nach chinesischer Vorstellung sind die starken Schmerzen eine Folge der Blockade der Lebensenergie Qi in oberflächlich verlaufenden Meridianen auf der Grundlage einer ausgeprägten Schwächestörung bestimmter innerer Organe. Die Akupunkturtherapie richtet sich auf die Beseitigung dieser Blockade. Die Stärkung der geschwächten inneren Organe erfolgt mit Moxibustion, Ernährungsumstellung oder Atemübungen (Qi Gong). Bei der Akupunkturtherapie werden Punkte im Bereich der Schmerzen mit Akupunkturpunkten an Händen und Füßen kombiniert, die auf den durch die Schmerzgebiete laufenden Meridianen liegen. Die Akupunkturtherapie sollte frühzeitig erfolgen, damit eine mit stärksten Schmerzen einhergehende Chronifizierung der Neuralgie verhindert wird. Bei frühzeitiger Behandlung sind oft 5-10 Akupunktursitzungen ausreichend. Bei chronischen Formen können jedoch 15-20 Akupunktursitzungen erforderlich sein. Bei Herpes Zoster führen Bestrahlungen der Hautbläschen und Rötungen mit Laserlicht zu einer schnelleren Abheilung der Hauterscheinungen und verhindern eine übermäßige Narbenbildung und so die Entwicklung von Schmerzen im Rahmen einer Zosterneuralgie.
Nackenschmerzen, Halswirbelsäulensyndrom, Schulter-Arm-Syndrom
von Gabriel Stux
Zwei Hauptursachen sind bei diesen schmerzhaften Erkrankungen zu finden: Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule oder des Schultergelenks im Rahmen einer degenerativen Erkrankung, und psychische Belastungen, die zu Spannungen und Schmerzen führen. Übermäßige körperliche Belastungen, wie sie z.B. durch einseitige Bürotätigkeit auftreten, können ebenfalls vorhanden sein und die Schmerzen akut auslösen. Auch Wetterfaktoren, vor allem Wind, aber auch Kälte oder Feuchtigkeit, können die Schmerzen bzw. Verspannungen verstärken. Die Hauptsymptome sind Schmerzen und Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule oder des gesamten Schultergürtels. Die Schmerzen können in die Arme einstrahlen. Auch Kopfschmerzen können von der Halswirbelsäule verursacht sein. Man unterscheidet akute Formen, die nach 2-3 Akupunktursitzungen innerhalb weniger Tage behoben sind, und chronische Formen, die über Wochen und Monate andauern können. Vor allem für chronische Formen wird die Akupunkturtherapie mit guter Wirksamkeit angewendet. In 70-80% der Fälle gelingt hier eine deutliche Schmerzlinderung innerhalb von wenigen Sitzungen. Auch die Bewegungseinschränkung ist oft nach der zweiten bis dritten Sitzung behoben. Um jedoch vollständige Schmerzfreiheit zu erreichen, sind gerade bei chronischen Formen oft 10-20 Akupunkturbehandlungen erforderlich.
Bei Patienten mit akutem Schiefhals, wie er häufig nach Einflüssen von Wind (Zugluft) auftritt, löst sich die schmerzhafte Bewegungseinschränkung durch intensive Akupunkturtherapie innerhalb von wenigen Tagen auf. Auch die Symptome eines Schleudertraumas lassen sich mit Akupunktur schnell lindern, wie dies auch klinische Studien zeigen. Langwierige orthopädische Therapien, die meist wenig erfolgreich und von längerfristiger Arbeitsunfähigkeit begleitet sind, lassen sich vermeiden.
Aus: Stux G (1996) – Akupunktur: Grundlagen – Techniken – Anwendungsgebiete, Kapitel VI; Beck’sche Reihe Wissen, Verlag C.H. Beck München