Qi Gong ist ein Teilgebiet der traditionellen chinesischen Medizin und wird vorwiegend zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit praktiziert. Qi Gong ist eine chinesische Form von Atemtherapie, die auch Konzentrations- und Meditationsübungen einschließt. Die seit der Antike praktizierten Methoden hatten viele Namen: „Tu Na“ (Einatmen und Ausatmen), „Lian Qi“ (Übung der Lebensenergie) oder „Nei Gong“ (Innere Selbstübung). Seit der Gründung der Volksrepublik China spricht man von Qi Gong. Diese Methode entwickelte sich in 5 Schulen, der rein medizinischen, der konfuzianischen, der buddhistischen, der taoistischen sowie der Schule der Kampfesübungen. Die medizinische Schule des Qi Gong betont die therapeutischen Aspekte der Atemtherapie, die der Stärkung der Körperkräfte bei Krankheiten dient. Die buddhistische und taoistische Schule stellt die Meditationsübungen in den Vordergrund. Schon im Huang Di Nei Jing wird die Bedeutung der richtigen Atmung und der Konzentration des Geistes nach innen betont. In den folgenden Dynastien gibt es in den bekannten medizinischen Büchern zahlreiche Abhandlungen über die Atem- und Meditationsübungen des Qi Gong. In den letzten Jahrzehnten wurden in den verschiedenen Provinzen Chinas zahlreiche Institute für Qi Gong gegründet, die diese Methode wissenschaftlich erforschen.
Die richtige Körperhaltung mit entspannter Muskulatur ist der erste Schritt für die Atem- und Stilleübungen. Hier gibt es viele Möglichkeiten: sitzend mit gekreuzten Beinen und aufrechtem Oberkörper, liegend oder auch stehend mit den Armen kreisförmig, vor dem Körper halb geschlossen. In der letzten Haltung sieht man morgens zahlreiche Übende in den Straßen und Parks von Peking oder Shanghai. Es werden viele verschiedene Atemübungen praktiziert. Hier soll nur eine Methode der Atmung über den Du Mai und Ren Mai beschrieben werden. Man atmet ruhig und tief ein und stellt sich vor, der Atem würde zunächst entlang des Du Mai über den Kopf zum Rücken bis zum Becken herunterziehen. Bei der Ausatmung geht die Aufmerksamkeit mit dem Atem vorne entlang den Ren Mai zurück zum Kopf. Man kann auch umgekehrt über den Ren Mai einatmen und über den Du Mai ausatmen.
Die traditionelle Vorstellung geht davon aus, daß man durch die Atmung das Fließen der Lebensenergie Qi im Körper anregt und bei Blockaden des Qi diese auflöst. Auch kann man durch richtiges Atmen, Qi in erkrankte Organe lenken. Die Atemübungen stehen im engen Zusammenhang mit der Beruhigung der Gedankenaktivität. Diese Übungen führen zu einem Zustand der inneren Ruhe, die z. B. durch aktive Konzentration auf den Punkt Qihai oder Dan Tian, unter dem Bauchnabel, erreicht wird. Man kennt zahlreiche Meditations- und Konzentrationsübungen, deren Beschreibung jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.
Heute behandelt man in China mit Qi Gong zahlreiche Erkrankungen, so z. B. Asthma, chronische Bronchitis, Hypertonie, Angina pectoris, peptische Ulzera und Schlafstörungen. Häufig kombiniert man bei diesen Erkrankungen Qi Gong mit Akupunkturbehandlung. Chinesische Autoren geben Erfolgsraten von 70 – 95 % an.
Aus: Stux Gabriel (1999); Einführung in die Akupunktur, Kapitel 5, 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York